Auktion: 410 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 07.12.2013 in München Lot 1207

 

1207
Ernst Wilhelm Nay
Ohne Titel, 1959.
Aquarell
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 31.720

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel. 1959.
Aquarell.
Rechts unten signiert, datiert und bezeichnet "M". Auf strukturiertem festen Aquarellpapier. 42 x 60,5 cm (16,5 x 23,8 in), Blattgröße.
Die Bezeichnung "M" neben der Signatur bezieht sich auf den Entstehungsort der Arbeit in Mondello (Sizilien).

Das Blatt wird in den in Vorbereitung befindlichen Œuvrekatalog der Aquarelle, Gouachen und Zeichnungen Nays von Elisabeth Nay-Scheibler und Dr. Magdalene Claesges, Köln, aufgenommen.

PROVENIENZ: Galerie Günther Franke, München (1959).
Privatsammlung Süddeutschland.

Ernst Wilhelm Nay studiert 1925-28 an der Berliner Hochschule für Bildende Künste bei Karl Hofer. In der Auseinandersetzung mit Ernst Ludwig Kirchner und Henri Matisse, aber auch mit Caspar David Friedrich und Nicolas Poussin vollzieht sich seine erste Orientierung; seine Stillleben, Porträts und Landschaften finden große Anerkennung. 1931 erhält Nay ein neunmonatiges Stipendium für die Villa Massimo in Rom, wo seine surrealistisch-abstrakten Bilder entstehen. Durch Vermittlung des Lübecker Museumsdirektors C.G. Heise erhält Nay ein von Edvard Munch finanziertes Arbeitsstipendium, das ihm 1937 einen Aufenthalt in Norwegen und auf den Lofoten ermöglicht. In den dort entstandenen "Fischer- und Lofotenbildern" erreicht sein Schaffen einen ersten Höhepunkt. Im gleichen Jahr werden in der Ausstellung "Entartete Kunst" zwei seiner Werke gezeigt und Nay mit Ausstellungsverbot belegt. 1940 zum Kriegsdienst einberufen, kommt Nay als Infanterist nach Frankreich, wo ihm ein französischer Bildhauer sein Atelier zur Verfügung stellt. Die künstlerische Verarbeitung der Kriegs- und Nachkriegszeit vollzieht sich 1945-48 in den "Hekatebildern", in denen Motive aus Mythos, Legende und Dichtung anklingen. In den "Fugalen Bildern" aus den Jahren 1949-51 kündigt sich in den glühenden Farben und verschlungenen Formen ein Neubeginn an. 1950 zeigt die Kestner-Gesellschaft Hannover Nays erste Retrospektive. Ein Jahr später übersiedelt der Künstler nach Köln. Hier vollzieht Nay den endgültigen Schritt zur völlig ungegenständlichen Malerei in seinen "Rhythmischen Bildern", in denen er die Farbe als reinen Gestaltwert einzusetzen beginnt. Ab 1955 entstehen Nays "Scheibenbilder", in denen runde Farbflächen subtile Raum- und Farbmodulationen im Bild organisieren.

Das hier vorliegende Blatt Ernst Wilhelm Nays ist der Serie der sogenannten "Scheibenbilder", die ab der Mitte der 1950er Jahre bis in die frühen 1960er Jahre hinein entstehen, zuzuordnen. "Das Gelingen dieser neuen, von Nay jetzt mehr denn je auch theoretisch reflektierten Ausrichtung seiner Kunst dokumentieren nicht nur die von großer Souveränität im Umgang mit den künstlerischen Mitteln zeugenden und gleichsam schwerelosen Scheibenbilder [.], sondern auch der zeitgleich einsetzende äußere Erfolg des Malers, der ebenfalls dazu beigetragen haben mag, daß diese Werkperiode die mit Abstand längste innerhalb des Nayschen Œuvres werden sollte." (zit. nach Magdalene Claesges, Das Elementare Bild. Zur Genese und Charakteristik des Spätwerks von Nay, in: Ausst.Kat. Nay - Variationen. Retrospektive zum 100. Geburtstag, September 2002 - Februar 2003, Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München und Kunstmuseum Bonn, Köln 2002, S. 24). Leicht und aus dem Moment heraus scheint das vorliegende Aquarell gemalt zu sein. Jedoch entstanden Nays Arbeiten in der Wasserfarben – Technik nie beiläufig. Oft bediente er sich dieser Technik während seiner Ferienaufenthalte, wobei er hochkonzentriert in seinem disziplinierten Tagesablauf – meist Nachmittags – ohne Pause arbeitete.Wenn ihm einmal nichts einfiel und er schlecht gelaunt in seinem Atelier saß, dann waren diese auferlegten Pausen laut Nay meist die 'Inkubationszeiten' für künftige, fruchtbare Arbeiten.

Die "Scheibenbilder" finden dann 1963/64 ihre Weiterentwicklung in den sogenannten "Augenbildern". Mit der ersten amerikanischen Einzelausstellung in den Kleeman Galleries, New York 1955, seinem Beitrag für die Biennale in Venedig 1956 sowie seiner Beteiligung an der Documenta in Kassel (1955, 1959 und 1964) vollzieht sich sein internationaler Durchbruch. Ernst Wilhelm Nay erhält wichtige Preise und ist bei fast allen repräsentativen Ausstellungen deutscher Kunst im In- und Ausland vertreten. [KP/AS].




1207
Ernst Wilhelm Nay
Ohne Titel, 1959.
Aquarell
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 31.720

(inkl. Käuferaufgeld)