Auktion: 410 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 07.12.2013 in München Lot 748

 

748
Bernard Schultze
Waghalsige Konstruktion, 1992.
Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 5.375

(inkl. Käuferaufgeld)
Waghalsige Konstruktion. 1992.
Schwarze Kreidezeichnung.
Rechts unten sowie auf dem Keilrahmen signiert, datiert und betitelt. Auf Velin, auf dünne Leinwand aufgezogen. 226,7 x 137 cm (89,2 x 53,9 in).

Die Arbeit ist im handschriftlichen Werkverzeichnis des Künstlers aufgeführt. Wir danken Frau Doris Schultze-Berger, Köln, für die freundliche Unterstützung.

PROVENIENZ: Direkt vom Künstler erworben.
Privatsammlung Hessen.

AUSSTELLUNG: Bernard Schultze - Das große Format, Wanderausstellung Museum Ludwig, Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln, Galleria Comunale d'Arte Moderna Bologna, Kunsthalle Elzenveld Antwerpen 1994/96.
Museum Ludwig im Wäino Aaltonen Museum of Art, Turku/Finnland 1997.
Museum Folkwang, Essen.
Kunsthalle Hansestadt Rostock, 2005 (auf dem Keilrahmen mit gestempeltem Etikett sowie einem typografisch bezeichneten Aufkleber).

Bernard Schultze wird am 31. Mai in Schneidemühl (Westpreußen) geboren. Nach dem Abitur studiert er von 1934 bis 1939 an den Kunsthochschulen in Berlin und Düsseldorf. 1945 verbrennen beim Angriff auf Berlin alle bis dahin entstandenen Arbeiten. Zwei Jahre später siedelt Schultze nach Frankfurt über, wo ab 1951 seine ersten informellen Bilder entstehen. 1952 ist er an der Ausstellung der von ihm mitbegründeten Künstlergruppe "Quadriga" in der "zimmer galerie franck" in Frankfurt am Main beteiligt. Ziel der Gruppe ist es, sich von Figuration und formalistischer Abstraktion zu lösen und den Anschluss an die internationale Avantgarde von Action Painting und Tachismus zu finden. 1955 heiratet Schultze die Malerin Ursula Bluhm und es entstehen erste Reliefbilder aus verschiedenen, auf der Leinwand angebrachten Materialien. Auf die ab 1957 kreierten, sogenannten "tabuskris" (tabulae scriptae), die zwischen Malerei und Zeichnung changieren, folgen 1961 die "Migofs". Schultze gebraucht diese frei erfundene Bezeichnung für Gebilde und Kunstwesen, die für ihn zwischen den Naturgeschöpfen existieren. In diesen Jahren unternimmt er regelmäßige Reisen nach Paris und New York, bevor er 1968 seinen Wohnsitz von Frankfurt nach Köln verlegt. Es folgen Studienreisen nach Russland, in die USA sowie nach Asien. Im Jahre 1972 wird Schultze zum Mitglied der Akademie der Bildenden Künste in Berlin gewählt. Ab 1974 werden seine Arbeiten zunehmend großformatiger bis er schließlich in den 1980er Jahren die Fläche großer Gemälde erobert.

Diese großformatige, schwarz-weiße Komposition steht einer farbigen in nichts nach. Schultze schafft durch die unterschiedlichen Schraffierungen das Dreidimensionale detailliert herauszuarbeiten, es scheint den Rahmen zu sprengen. Alles drängt heraus auf den Betrachter zu, der sich nicht näher herantraut, in der Angst von den einzelnen kralligen Verästelungen gepackt zu werden, ein Effekt, den sogar der Künstler für sich in Anspruch nimmt. "Sich treiben lassen, wohin das Bild will, soviel wie möglich dem Zufall überlassen, so wenig wie möglich Kontrolle; die Kunstgeschichte zum Steinbruch erklären und was man gebrauchen kann, bricht man sich heraus. Letzten Endes steht man als Fremdling vor seinem Bild." (zit. aus: Bernhard Schultze, Im Labyrinth. Werke von 1947 bis 1990, Ausst.Kat. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 1991). Schultze gehört zu den letzten großen Namen und Wegbereitern der deutschen Nachkriegs-Abstraktion.

Sein Werk ist mit einer Reihe von Preisen ausgezeichnet worden. 1981 wird ihm die Ehre eines Titularprofessors des Landes Nordrhein-Westfalen zuteil, 1984 wird er mit dem Großen Hessischen Kunstpreis ausgezeichnet, 1986 mit dem Lovis Corinth Preis und 1990 mit der Stefan-Lochner-Medaille der Stadt Köln. Seit den achtziger Jahren sind dem Werk des Künstlers bedeutende Ausstellungen gewidmet, so z.B. 1980/81 die umfassende Retrospektive in Düsseldorf, Berlin, Frankfurt und Saarbrücken sowie 1984 die retrospektive Ausstellung von Papierarbeiten in der Albertina Wien und mehreren Museen in Deutschland. In den Jahren 1994 bis 1996 wird eine große Wanderausstellung seiner Werke in Köln, Bologna und Budapest gezeigt. Schultze gelingt ein beeindruckendes Alterswerk, an dem er bis kurz vor seinem Tod, am 14. April 2005, intensiv arbeitet. [DB].




748
Bernard Schultze
Waghalsige Konstruktion, 1992.
Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 5.375

(inkl. Käuferaufgeld)