Auktion: 570 / Evening Sale am 06.06.2025 in München Lot 124001495

 

124001495
Thomas Bayrle
Motta, 1966.
Öl auf Holz, in Orig.-Künstlerleiste
Schätzpreis: € 100.000 - 150.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Motta. 1966.
Öl auf Holz, in Orig.-Künstlerleiste.
Rechts unten signiert. Verso erneut signiert sowie datiert und betitelt "Motta Love". 126,5 x 182,5 cm (49,8 x 71,8 in).
[AR].

• Frühes Highlight aus der besonders gesuchten Schaffenszeit des deutschen Pop-Art Vertreters.
• Thomas Bayrle konfrontiert die Welt des Konsums mit politischer Motivik, Kapitalismus trifft auf Kommunismus.
• Mitte der 1960er Jahre findet er zu seinem unverwechselbaren, gerasterten Stil.
• Von Frankfurt am Main bis New York: Seit 2002 in den wichtigsten, musealen Solo Shows des Künstlers ausgestellt.
• Bereits seit den späten 1960er Jahren in privatem Familienbesitz, direkt vom Künstler erworben.
• Vergleichbare Gemälde des Künstlers werden außerordentlich selten auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.
• Weitere Werke der 1960er Jahren befinden sich in internationalen Museumssammlungen wie dem Museum of Modern Art, New York, dem Städel Museum, Frankfurt a. Main und der Neuen Nationalgalerie, Berlin
.

PROVENIENZ: Privatsammlung Deutschland/Schweiz (Ende der 1960er Jahre direkt vom Künstler erworben).
Seitdem in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: Thomas Bayrle, Städel Museum, Frankfurt a. Main, 19.10.2002-5.1.2003.
Thomas Bayrle. 40 Years Chinese Rock 'n' Roll, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt a. Main, 17.3.2006-28.1.2007, Kat. Nr. 8 (m. Farbabb.).
Thomas Bayrle. I've a feeling we're not in Kansas anymore, Museu d'Art Contemporani (MACBA), Barcelona, 6.2.-19.4.2009.
Thomas Bayrle. Tutto-in-uno / All-in-One, Museo Madre, Neapel, 21.6.-14.10.2013 (m. Farbabb. S. 24).
Thomas Bayrle. Playtime, New Museum, New York, 20.6.-2.9.2018 (m. Farbabb. S. 62-63).
Thomas Bayrle. Form Form SuperForm, Pinacoteca Agnelli, Turin, 3.11.2023-31.8.2024 (m. Farbabb. S. 74-75).

LITERATUR: Renato Barilli, Un mosaico (quasi) pop. Al Madre di Napoli omaggio a Thomas Bayrle, 19.7.2013, in: l'Unità, Anno 90 n.196, S. 21 (m. Farbabb.).
Anne Blood, Thomas Bayrle: Playtime, 8.7.2018, online: studio international (m. Installationsansicht, aufgerufen am 3.3.2025).
Alessandra Quattordio, Thomas Bayrle, ovvero la moltiplicazione dei segni. Tra consumismo e denuncia, 20.11.2023, online: ArtsLife, the cultural revolution online (m. Farbabb., aufgerufen am 3.3.2025).

"Mich interessierten damals Massenansammlungen, Massenproduktion und Massengesellschaft, egal, ob es um Waren oder um Menschen ging. Relativ undifferenziert habe ich Massenaufmärsche im Osten und Warenproduktion im Westen zusammengezogen, es als das gleiche unter anderen Vorzeichen gesehen."
Thomas Bayrle im Interview mit Marius Babias, Kunstofrum International, Band 148, Dez. 1999, S. 237.

Thomas Bayrles Superformen und die Pop-Art der 1960er Jahre in Deutschland
Thomas Bayrles künstlerische Laufbahn beginnt Mitte der 1960er Jahre. Ein Jahrzehnt, das in Deutschland von tiefgreifenden politischen und kulturellen Veränderungen geprägt ist. Die Bundesrepublik erlebt einen wirtschaftlichen Aufschwung, wodurch technische Innovationen begünstigt werden und sich das Konsumverhalten der Gesellschaft grundlegend verändert. Auch die Jugendkultur, die sexuelle Revolution und verschiedene Protestbewegungen führen zu einem neuen kulturellen Selbstverständnis, das traditionelle Werte in Frage stellte und einen alternativen Lebensstil etabliert. In diesem gesellschaftlichen Umfeld wird die überwiegend abstrakte Nachkriegsmalerei in den 1960er Jahren von einer neuen, gegenständlichen Strömung abgelöst, die deutlich von Einflüssen der Pop-Art aus Amerika und Großbritannien geprägt ist. Zu ihren Vertretern zählen unter anderem Gerhard Richter und Konrad Lueg in Düsseldorf, K. H. Hödicke und Lambert Maria Wintersberger in Berlin sowie im Kreis Frankfurt am Main Peter Roehr und auch Thomas Bayrle. Als Sohn eines Künstlers und einer Kunsthistorikerin beginnt dieser 1956 zunächst eine Ausbildung als Weber und Färber in Göppingen. 1961 gründet er zusammen mit Bernhard Jäger den Verlag "Gulliver-Presse" in Bad Homburg und arbeitet in der Werbebranche, Einflüsse, die sich auch in seiner Kunst widerspiegeln werden.

Seine Arbeit "Motta" aus dem Jahr 1966 ist eines der frühen Highlights in Peter Bayerls Schaffen, das im kulturellen Umfeld der 1960er Jahre entsteht. Es ist aus zwei Holzelementen zusammengesetzt und zeigt in der Bildmitte das Werbegesicht des italienischen Eisherstellers "Motta", darunter in Großbuchstaben der Firmenname. Aus größerer Distanz mutet der Gesamteindruck seltsam gerastert an. In der Nahansicht zeigt sich, dass die gesamte Fläche im Vordergrund von kleinen, an Briefmarken erinnernden Porträts bedeckt ist. Unzählige männliche Figuren mit schwarzen Haaren, roten Jackets, weißen Hemden und Krawatte blicken uns mit schwarzen Augen und roten Mündern entgegen, verschwinden aufgrund ihrer Uniformität jedoch gleichzeitig in der Masse. Bekannt sind die männlichen Figuren auch von Thomas Bayrles Arbeit "Mao", ebenfalls aus dem Jahr 1966. Es zeigt in der Bildmitte ein Porträt von Mao Zedong, das sich mit Hilfe eines eingebauten Motors umklappen und in einen roten Stern umwandeln lässt. Aufgebaut ist es, wie auch "Motta", aus unzähligen Kleinstportäts, die das chinesische Volk repräsentieren. Das von Thomas Bayrle als "Superform" bezeichnete Hauptmotiv, repräsentiert durch Moa und den roten Stern, wird dort aus unzähligen Unterformen gebildet, die inhaltlich dem übergeordneten Motiv entsprechen. Die Inspiration für diese Darstellungsweise fand Thomas Bayrle, der sich damals intensiv mit dem Maoismus und China beschäftigte, in Aufnahmen aus chinesischen Stadien, die ihn stark beeindruckten: "Auf riesigen Wänden aus Menschen waren Bilder der chinesischen Revolution zu sehen. Diese "Superzeichen" waren aus tausenden Punkten zusammengesetzt, die sich bei näherem Hinsehen als Schilder erwiesen [...], bildgemusterte Raster aus Tausenden von Menschen, die auf ein Kommando hin farbige Schilder hochhielten oder wieder absenkten." (Thomas Bayrle, in Ausstellungskat. Thomas Bayrle. 40 Years Chinese Rock 'n' Roll, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt a. Main, 2006)

Im Gegensatz zu "Mao" ist bei "Motta" das Prinzip von der "Superform" des Werbegesichts und ihren Unterformen, den Repräsentanten des chinesischen Volks, jedoch ins Gegenteil verkehrt. Hier trifft die Welt des Kapitalismus ungefiltert auf politisch konnotierte Motivik des Kommunismus, Massenproduktion auf Massenbewegung, westliches Profitdenken auf die Ideen der größten, östlichen Volksrepublik. Dabei ging es Thomas Bayrle, wie er selbst sagt, nie um die Visualisierung ideologischer Gegensätze: "Ich achtete kaum auf ideologische Unterschiede und mischte – gegen den Protest meiner linken Freunde – kommunistische und kapitalistische Elemente und Inhalte durcheinander... Nach dem Motto "technische Muster hüben / organische Ornamente drüben" verwoben sich in meiner Vorstellung Ost und West wie Kette und Schuss zu ein und demselben Gewebe... Unversöhnliche, ideologische Gegensätze wurden immer ähnlicher – und verschwammen im Lauf der Jahre – bis zu dem momentan ablaufenden "Global Rock ’n’ Roll"." (Thomas Bayrle, zit. nach: MMK Frankfurt a. Main, online: www.mmk.art/de/whats-on/thomas-bayrle - abgerufen am 6.3.25). Ob bewusst oder unbewusst, gezielt oder zufällig: mit der Arbeit "Motta" gelingt Thomas Bayerle ein kongeniales Konglomerat unversöhnlich erscheinender Gegensätze und widerstreitender Weltbilder. Die Arbeit, die sich seit den 1960er Jahren in Privatbesitz befand, wurde 2002 erstmals öffentlich ausgestellt und seit nunmehr 25 Jahren in nahezu allen wichtigen Solo Shows des Künstlers ausgestellt, was zweifellos für die große Bedeutung der Arbeit im Gesamtwerk des Künstlers spricht, das in den epochemachenden 1960er Jahren seinen Anfang nahm. [AR]



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