Lexikon
Orphischer Kubismus

Der Orphische Kubismus, Orphistischer Kubismus oder Orphismus stellt eine 1912 entstandene und nur kurz andauernde Weiterentwicklung des Analytischen Kubismus dar, die besonders von Robert Delaunay (1885-1941) geprägt wurde.
Der Begriff wurde 1912 durch Guillaume Apollinaire eingeführt, der die rhythmische und poetische Anmutung der orphistischen Kunst mit dieser an die mythische Sängerfigur Orpheus angelehnten Bezeichnung zu fassen suchte. Die Künstlergruppe "Section d'Or" stand mit dem Orphischen Kubismus in enger Verbindung.
Eugène Chevreuls Lehre vom Simultankontrast, die auch den Postimpressionismus maßgeblich geprägt hatte, beeinflusste den Orphischen Kubismus, der den Farben und der Wirkung des Lichtes im Unterschied zum Analytischen Kubismus eine bedeutende Rolle zudachte. Die Abstraktion Wassily Kandinskys und der Futurismus konnten den Orphismus neben dem Analytischen Kubismus befruchten; als paralleles Phänomen ist der russische Rayonismus zu betrachten.
Rhythmisch angeordnete, oft kristallin wirkende Farbfelder führten besonders bei Robert Delaunay zu einer vom Gegenstand abstrahierten "Reinen Malerei" von tiefer lyrischer Ausdruckskraft. Seine Serie von "Fensterbildern" und die theoretisierenden "Simultanscheiben" rechnen zu den Höhepunkten des Orphismus.
Der Orphische Kubismus entfaltete seine Wirkung besonders stark im Kontext der deutschen Malerei, wo er über die Vermittlung von Franz Marc, August Macke und Paul Klee bekannt geworden war.
Neben Robert Delaunay gelten dessen Frau Sonia Delaunay-Terk (1885-1979), die auch Textil und Kunsthandwerk im Stil des Orphismus schuf, František Kupka (1871-1957) und Raymond Duchamp-Villon (1876-1918) als Hauptvertreter des Orphischen Kubismus, der später auch die Op Art beeinflussen sollte.



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