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77
Gerhard Richter
Abstraktes Bild, 1988.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 600.000 Ergebnis:
€ 1.705.000 (inklusive Aufgeld)
Abstraktes Bild. 1988.
Öl auf Leinwand.
Elger 665-4. Verso auf der Leinwand signiert und datiert sowie betitelt. 62 x 62 cm (24,4 x 24,4 in). [EH].
• Abstraktes Bild 665-4 trägt in der gestischen Bewegung die persönliche Handschrift des Künstlers.
• Richters mit dem Rakel geschaffene „Abstrakte Bilder“ sind international die gefragtesten Arbeiten seines nun vollendeten malerischen Œuvres.
• Wie ein Archäologe legt Richter im Wechselspiel von Rakel und Spachtel vielschichtige Bildräume frei.
• In dem für ihn emotionalen Jahr 1988, in dem er dieses ungegenständliche Bild malt, entstehen „Betty“ (Saint Louis Art Museum) und der berühmte RAF-Bilderzyklus „18. Oktober 1977“ (Museum of Modern Art, New York).
PROVENIENZ:
Privatsammlung Süddeutschland.
AUSSTELLUNG:
Gerhard Richter, Galerie Jean Bernier, Athen, 11.5.-3.6.1989.
"Mir geht es einfach um die Malerei."
Gerhard Richter, 1973
"Abstrakte Bilder sind fiktive Modelle, weil sie eine Wirklichkeit veranschaulichen, die wir weder sehen noch beschreiben können, auf deren Existenz wir aber schließen können."
Gerhard Richter. Text 1961 bis 2007. Schriften, Interviews, Briefe, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, 2008, S. 121.
Öl auf Leinwand.
Elger 665-4. Verso auf der Leinwand signiert und datiert sowie betitelt. 62 x 62 cm (24,4 x 24,4 in). [EH].
• Abstraktes Bild 665-4 trägt in der gestischen Bewegung die persönliche Handschrift des Künstlers.
• Richters mit dem Rakel geschaffene „Abstrakte Bilder“ sind international die gefragtesten Arbeiten seines nun vollendeten malerischen Œuvres.
• Wie ein Archäologe legt Richter im Wechselspiel von Rakel und Spachtel vielschichtige Bildräume frei.
• In dem für ihn emotionalen Jahr 1988, in dem er dieses ungegenständliche Bild malt, entstehen „Betty“ (Saint Louis Art Museum) und der berühmte RAF-Bilderzyklus „18. Oktober 1977“ (Museum of Modern Art, New York).
PROVENIENZ:
Privatsammlung Süddeutschland.
AUSSTELLUNG:
Gerhard Richter, Galerie Jean Bernier, Athen, 11.5.-3.6.1989.
"Mir geht es einfach um die Malerei."
Gerhard Richter, 1973
"Abstrakte Bilder sind fiktive Modelle, weil sie eine Wirklichkeit veranschaulichen, die wir weder sehen noch beschreiben können, auf deren Existenz wir aber schließen können."
Gerhard Richter. Text 1961 bis 2007. Schriften, Interviews, Briefe, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, 2008, S. 121.
Dieses abstrakte Gemälde von Gerhard Richter stammt aus einer sehr aufregenden Phase seines Schaffens. Auf eine Serie großformatiger Abstraktionen folgen einige Bilder mit abbildenden Darstellungen, darunter das berühmte Werk "Betty“ (CR 663-5) einer jungen Frau in heller Jacke mit rotem Blütenmuster. Dieses Porträt, das kein Gesicht abbildet, wurde zu einer Art "Mona Lisa des 20. Jahrhunderts" und neben der "Kerze" von 1982 (CR 511-3) das wohl populärste Gemälde von Gerhard Richter. Nach unserem Gemälde folgt eine Reihe von abstrakten Großformaten mit intensiver Struktur, bevor sich die Werkgruppe "18. Oktober 1977", der sogenannte "Bader-Meinhof-Zyklus" anschließt. Diese Gemälde hat Richter nach den im Stern veröffentlichten Fotos gemalt, grau und unscharf abgebildet. Alle diese Bilder entstanden 1988. Dieser Entstehungszusammenhang verdeutlicht Richters breit angelegtes Verständnis von Malerei. Der Maler sagt dazu: "‘Abstrakt' und 'figürlich' sind sehr einfache Begriffe und möglicherweise falsch. 'Abstrakt' ist von anderer Bedeutung, aber mir würde es nichts ausmachen, wenn wir die Begriffe 'gegenständlich' und 'ungegenständlich' benutzen würden. […] Beide sind irgendwie realistisch. Die Kunst macht die künstliche Realität sichtbar und auch die andere." (zit. nach: Gerhard Richter, Gespräch mit William Furlong, Jill Lloyd, Michael Archer und Peter Townsend 1988, in: Gerhard Richter: Text, hrsg. v. Dietmar Elger und Hans Ulrich Obrist, Köln 2008, S. 208).
Auffallend an unserem Gemälde (CR 665-4) ist, dass es im Unterschied zu den Serien ungegenständlicher Bilder mit offenen Farbgittern, die in nächster zeitlicher Nähe entstehen, hier dem Maler ganz offensichtlich um Struktur, um eine bewusst angelegte Ordnung geht. Die Klarheit einer Anordnung, die für abbildende Darstellungen Prinzip ist, legt er in Farbbahnen über einen Bildgrund, bei dem warme, tiefe Rottöne durch eine Rakel mit gelber, lichter Farbe zu einem abschließenden Hintergrund vermengt sind. Einem schweren, gewebten Stoff ähnlich, der einen unbestimmbaren Raum abgrenzt, steht die feurige Wand, vor der Farbbalken vertikal, einige auch schräg, einmal gar quer die Bildfläche durchfurchen. Die grünen Pinselspuren entstanden durch Farbauftrag, teils auch durch Kratzen und Schaben mit einem scharfen Spatel. Durch das Freischaben reißt die Farbe nicht glatt ab, sondern schafft Farbpartikel ans Licht, die tiefer liegen und aus einem anderen Raum durchleuchten. Im dichten Hintergrund hat die Rakel größere "Fenster" gerissen mit Ausblicken in leuchtende Farbpartien. Am linken wie rechten Bildrand verlieren die Farbbahnen ihre grüne Leuchtkraft und erscheinen als blasse Schemen. Beim Betrachten neigt man dazu, Lettern oder Runen in den Balken zu vermuten, ohne jedoch etwas lesen zu können.
Gerhard Richter pflegt dieses Oszillieren zwischen gegenständlich und ungegenständlich in stets spannungsreichen Bilderfindungen. Seine Farbtafeln von 1966 zeigen je nach Werk einfarbige Rechtecke unterschiedlicher Anzahl und Größe – sind also ungegenständlich. Da sie aber nach Musterkarten aus dem Farbengeschäft gemalt sind, bilden sie etwas ab und kommen einem Werk der Pop-Art nahe. Riesige Gemälde für BMW (1971, CR 345-1 bis -3) entstanden mithilfe von Ausschnittfotos von Farbproben auf einer Malpalette. Die Bilder erscheinen landschaftlich aufgrund horizontal verlaufender Linien. Sie haben einen realen Ausgangspunkt in der vermischten Farbpaste, die abfotografiert und vergrößert die Vorlagen liefert. Sie bleiben dennoch ungegenständlich. Die großen Bilder "Silikat" von 2003 (CR 885 1-4) mit der Darstellung atomarer Strukturen erscheinen als abstrakte Muster, bilden aber konkrete Wirklichkeit ab, für die uns mit bloßem Auge die Sicht verborgen ist. In seinem Buch "WAR CUT" (2004) illustriert Richter Texte der FAZ vom 20. und 21. März 2003, dem Tag des Ausbruchs des Irakkrieges, mit 216 Farbfotos. Diese hat er durch eigene Detailaufnahmen seines abstrakten Gemäldes (CR 648-2) von 1987 gewonnen. Da in diesem Krieg vollständige Zensur der Fotos bestand, die das Kriegsgeschehen am Boden zeigen, wurden diese ungegenständlichen Details zu stellvertretenden Abbildungen. Durch den Kontext mit dem Text aber konnte man sich darin die Wiedergabe tatsächlichen Geschehens vorstellen. Es genügt wenig, um sich im Rot Blut, im Grün Natur und im Grau Stein vorzustellen und in mancher Konturlinie Figuren, Menschen, Häuser.
Am hier vorliegenden Werk von 1988 gibt es den Realitätsbezug allein in der materiellen Setzung dieser Malerei. Diese Malerei täuscht nichts vor, sondern verkörpert Lebendigkeit und Sinnlichkeit durch Setzung von Farbe mit den besonderen technischen Ausdrucksmöglichkeiten, die Gerhard Richter in unterschiedlichen Werkprozessen entwickelt hat.
Prof. Helmut Friedel
Auffallend an unserem Gemälde (CR 665-4) ist, dass es im Unterschied zu den Serien ungegenständlicher Bilder mit offenen Farbgittern, die in nächster zeitlicher Nähe entstehen, hier dem Maler ganz offensichtlich um Struktur, um eine bewusst angelegte Ordnung geht. Die Klarheit einer Anordnung, die für abbildende Darstellungen Prinzip ist, legt er in Farbbahnen über einen Bildgrund, bei dem warme, tiefe Rottöne durch eine Rakel mit gelber, lichter Farbe zu einem abschließenden Hintergrund vermengt sind. Einem schweren, gewebten Stoff ähnlich, der einen unbestimmbaren Raum abgrenzt, steht die feurige Wand, vor der Farbbalken vertikal, einige auch schräg, einmal gar quer die Bildfläche durchfurchen. Die grünen Pinselspuren entstanden durch Farbauftrag, teils auch durch Kratzen und Schaben mit einem scharfen Spatel. Durch das Freischaben reißt die Farbe nicht glatt ab, sondern schafft Farbpartikel ans Licht, die tiefer liegen und aus einem anderen Raum durchleuchten. Im dichten Hintergrund hat die Rakel größere "Fenster" gerissen mit Ausblicken in leuchtende Farbpartien. Am linken wie rechten Bildrand verlieren die Farbbahnen ihre grüne Leuchtkraft und erscheinen als blasse Schemen. Beim Betrachten neigt man dazu, Lettern oder Runen in den Balken zu vermuten, ohne jedoch etwas lesen zu können.
Gerhard Richter pflegt dieses Oszillieren zwischen gegenständlich und ungegenständlich in stets spannungsreichen Bilderfindungen. Seine Farbtafeln von 1966 zeigen je nach Werk einfarbige Rechtecke unterschiedlicher Anzahl und Größe – sind also ungegenständlich. Da sie aber nach Musterkarten aus dem Farbengeschäft gemalt sind, bilden sie etwas ab und kommen einem Werk der Pop-Art nahe. Riesige Gemälde für BMW (1971, CR 345-1 bis -3) entstanden mithilfe von Ausschnittfotos von Farbproben auf einer Malpalette. Die Bilder erscheinen landschaftlich aufgrund horizontal verlaufender Linien. Sie haben einen realen Ausgangspunkt in der vermischten Farbpaste, die abfotografiert und vergrößert die Vorlagen liefert. Sie bleiben dennoch ungegenständlich. Die großen Bilder "Silikat" von 2003 (CR 885 1-4) mit der Darstellung atomarer Strukturen erscheinen als abstrakte Muster, bilden aber konkrete Wirklichkeit ab, für die uns mit bloßem Auge die Sicht verborgen ist. In seinem Buch "WAR CUT" (2004) illustriert Richter Texte der FAZ vom 20. und 21. März 2003, dem Tag des Ausbruchs des Irakkrieges, mit 216 Farbfotos. Diese hat er durch eigene Detailaufnahmen seines abstrakten Gemäldes (CR 648-2) von 1987 gewonnen. Da in diesem Krieg vollständige Zensur der Fotos bestand, die das Kriegsgeschehen am Boden zeigen, wurden diese ungegenständlichen Details zu stellvertretenden Abbildungen. Durch den Kontext mit dem Text aber konnte man sich darin die Wiedergabe tatsächlichen Geschehens vorstellen. Es genügt wenig, um sich im Rot Blut, im Grün Natur und im Grau Stein vorzustellen und in mancher Konturlinie Figuren, Menschen, Häuser.
Am hier vorliegenden Werk von 1988 gibt es den Realitätsbezug allein in der materiellen Setzung dieser Malerei. Diese Malerei täuscht nichts vor, sondern verkörpert Lebendigkeit und Sinnlichkeit durch Setzung von Farbe mit den besonderen technischen Ausdrucksmöglichkeiten, die Gerhard Richter in unterschiedlichen Werkprozessen entwickelt hat.
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