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329
Hermann Max Pechstein
Schrei am Meer, 1919.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 800.000 Ergebnis:
€ 1.500.000 (inkl. Käuferaufgeld)
Schrei am Meer. 1919.
Öl auf Leinwand.
Soika 1919/99. Links unten monogrammiert und datiert. Verso betitelt sowie mit einem Fragment des Gemäldes "Figur in den Dünen", entstanden um 1912 (Soika 1919/99v). 121,3 x 91,6 cm (47,7 x 36 in).
Auf dem Keilrahmen mit einem Etikett der Galerie Alfred Flechtheim, dort handschriftlich nummeriert "4377" sowie mit einem Fragment eines runden Klebeetiketts mit gezacktem Rand, dort schwer leserlich handschriftlich nummeriert "[..] 4714".
Es existiert ein äußerst seltener Holzschnitt mit dem gleichen Motiv (Krüger H 218), der in der Auktion Moderne Kunst Teil II unter der Los-Nr. 39 erstmalig auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten wird.
PROVENIENZ: Galerie Gurlitt, Berlin (bis 1923, in Kommission).
Dr. Walter und Maria Schmitt, Neuss/Bad Godesberg (in den 1920er/30er Jahren wahrscheinlich beim Künstler erworben).
Privatsammlung Deutschland (seit 2003, als Leihgabe im Kunstmuseum Bonn).
AUSSTELLUNG: Kunst des 20. Jahrhunderts. Freie Berufe sammeln. Malerei, Plastik, Objekte, Graphik, Städtische Kunsthalle Düsseldorf, 25.6.-15.8.1971, Kat.Nr. 180 mit Abb. (auf dem Keilrahmen mit dem Museumsetikett).
Max Pechstein, Kunstverein Braunschweig, 18.4.-27.6.1982, Pfalzgalerie Kaiserslautern, 11.7.-22.8.1982 (nicht im Katalog).
LITERATUR: Georg Biermann, Max Pechstein (= Junge Kunst, Bd. 1), Leipzig 1920, mit Abb., o. S.
Andreas Hüneke, Um die Freiheit in der Kunst und um die Menschlichkeit. Max Pechstein in seiner Zeit, in: Ausst.Kat. Max Pechstein. Sein malerisches Werk, Berlin/Tübingen/Kiel 1996/97, S. 118 (mit Abb. Nr. 10, dort mit Bezug auf die Publikation von Wolfgang Willrich, Säuberung des Kunsttempels. Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art, München 1937, in der das vorliegende Gemälde Pechsteins in einer Collage als "entartet" verunglimpft wird).
"Wieder ist Sommer. Endlich bin ich ganz frei und sitze wieder in meinem geliebten Nidden, arbeite und sauge mich voll mit Kraft, wie das Moos, welches unter dem Regen aufgeht und den Wald in ein Wunder verwandelt. Ich lebe im Rausche, Arbeit, Meer, Frau - Kind -, kaue die Luft und möchte die Pinsel zerbrechen vor Wonne des Schaffens. Ich danke Gott für das Leben und meinen Freunden, welche es mir ermöglichen, ohne Sorgen nur an Malen und Zeichnen denken zu dürfen." (Zitat aus einem Brief Max Pechsteins an Georg Biermann, verfasst in Nidden am 6. August 1919, zit. nach: Georg Biermann, Max Pechstein (= Junge Kunst, Bd. 1), Leipzig 1920, S. 16). Mit diesen Worten, voll Inbrunst, Glück und Lebensbejahung, bringt Max Pechstein seine tief empfundene Freude zu Papier, die er bei einem seiner Aufenthalte in Nidden erlebt. Pechstein kommt 1919 zum vierten Mal in das auf der Kurischen Nehrung in Ostpreußen gelegene Fischerdorf, wohin er auf der Suche nach wahrhaftiger Natur und Ursprünglichkeit des Alltagslebens erstmalig 1909 reist. Hier in Nidden entstehen in der Folge eindringliche Werke, in denen Natur und Mensch sowie das unmittelbare Erleben die vom Künstler so gesuchte Einheit bilden und die das Werk des 1906 zur Künstlervereinigung "Brücke" gestoßenen Malers in höchstem Maße prägen.
Nach zwei weiteren, 1911 und 1912, in Nidden verbrachten Sommern vergehen sieben Jahre, bis Pechstein 1919 nach Ende des Ersten Weltkriegs erneut nach Nidden zurückkehrt und dort von Juni bis Oktober eine Fülle an Werken hervorbringt. Immer wieder wählt Pechstein hier Lotte, seine Ehefrau, sowie den 1913 geborenen Sohn Frank als Modelle für eine Reihe von farbstarken Strandbildern, zu denen auch das hier angebotene, besonders kraftvolle Gemälde "Schrei am Meer" gehört. Die in kantiger, teils auch expressiv gezackter Manier ausgeführte Farbflächenmalerei mit kräftig ausgearbeiteter Konturierung bestimmt als signalgebendes Element unsere Komposition. Die ungezwungene Nacktheit der geschilderten Körper ist hier bildgewordener Ausdruck einer Befreiung von inneren Zwängen, nach der Pechstein nicht nur in Nidden, sondern auch bei seinen Aufenthalten an den Moritzburger Seen gemeinsam mit Heckel und Kirchner oder auf seiner 1914 unternommenen Reise zur Südseeinsel Palau merklich strebt. Kraftvoll, schön und selbstbewusst, mit markant ausgearbeiteter Mimik und Gestik, präsentiert Pechstein Lotte als zentrale Figur im Zentrum des Gemäldes, ihr zugeordnet ist der kleine Frank, der mit keckem Blick aus dem Bild ganz unmittelbar den Kontakt zum Betrachter herstellt. Lottes "Schrei am Meer" wendet sich an ein imaginäres Gegenüber, dessen Identität uns verborgen bleibt. Interessanterweise schließt sich auf der Rückseite des Gemäldes der Kreis zu den zuvor in Nidden verbrachten Sommern, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach bei dem Fragment des Bildes "Figur in den Dünen" doch ebenfalls um ein Motiv, das sich unmittelbar mit den 1912 in Nidden erschaffenen Werken in Verbindung bringen lässt.
1939 weilt Pechstein zum letzten Mal in Nidden und ist erschüttert von der Entwicklung, die das einst beschauliche Dörflein in ein zunehmend vom Tourismus erschlossenes Gebiet verwandelt, von dessen Ursprünglichkeit kaum mehr etwas übrig ist (zu Pechsteins Nidden-Aufenthalten und den dort entstandenen Werken vgl. Aya Soika, Max Pechstein in Nidden, in: Ausst.Kat. Max Pechstein. Ein Expressionist aus Leidenschaft, hg. von Peter Thurmann u.a., München 2010, S. 101-109). Vor diesem Hintergrund ist der "Schrei am Meer" Zeugnis der wohl glücklichsten Zeit, die Pechstein in Nidden verlebt. [KP].
Öl auf Leinwand.
Soika 1919/99. Links unten monogrammiert und datiert. Verso betitelt sowie mit einem Fragment des Gemäldes "Figur in den Dünen", entstanden um 1912 (Soika 1919/99v). 121,3 x 91,6 cm (47,7 x 36 in).
Auf dem Keilrahmen mit einem Etikett der Galerie Alfred Flechtheim, dort handschriftlich nummeriert "4377" sowie mit einem Fragment eines runden Klebeetiketts mit gezacktem Rand, dort schwer leserlich handschriftlich nummeriert "[..] 4714".
Es existiert ein äußerst seltener Holzschnitt mit dem gleichen Motiv (Krüger H 218), der in der Auktion Moderne Kunst Teil II unter der Los-Nr. 39 erstmalig auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten wird.
PROVENIENZ: Galerie Gurlitt, Berlin (bis 1923, in Kommission).
Dr. Walter und Maria Schmitt, Neuss/Bad Godesberg (in den 1920er/30er Jahren wahrscheinlich beim Künstler erworben).
Privatsammlung Deutschland (seit 2003, als Leihgabe im Kunstmuseum Bonn).
AUSSTELLUNG: Kunst des 20. Jahrhunderts. Freie Berufe sammeln. Malerei, Plastik, Objekte, Graphik, Städtische Kunsthalle Düsseldorf, 25.6.-15.8.1971, Kat.Nr. 180 mit Abb. (auf dem Keilrahmen mit dem Museumsetikett).
Max Pechstein, Kunstverein Braunschweig, 18.4.-27.6.1982, Pfalzgalerie Kaiserslautern, 11.7.-22.8.1982 (nicht im Katalog).
LITERATUR: Georg Biermann, Max Pechstein (= Junge Kunst, Bd. 1), Leipzig 1920, mit Abb., o. S.
Andreas Hüneke, Um die Freiheit in der Kunst und um die Menschlichkeit. Max Pechstein in seiner Zeit, in: Ausst.Kat. Max Pechstein. Sein malerisches Werk, Berlin/Tübingen/Kiel 1996/97, S. 118 (mit Abb. Nr. 10, dort mit Bezug auf die Publikation von Wolfgang Willrich, Säuberung des Kunsttempels. Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art, München 1937, in der das vorliegende Gemälde Pechsteins in einer Collage als "entartet" verunglimpft wird).
"Wieder ist Sommer. Endlich bin ich ganz frei und sitze wieder in meinem geliebten Nidden, arbeite und sauge mich voll mit Kraft, wie das Moos, welches unter dem Regen aufgeht und den Wald in ein Wunder verwandelt. Ich lebe im Rausche, Arbeit, Meer, Frau - Kind -, kaue die Luft und möchte die Pinsel zerbrechen vor Wonne des Schaffens. Ich danke Gott für das Leben und meinen Freunden, welche es mir ermöglichen, ohne Sorgen nur an Malen und Zeichnen denken zu dürfen." (Zitat aus einem Brief Max Pechsteins an Georg Biermann, verfasst in Nidden am 6. August 1919, zit. nach: Georg Biermann, Max Pechstein (= Junge Kunst, Bd. 1), Leipzig 1920, S. 16). Mit diesen Worten, voll Inbrunst, Glück und Lebensbejahung, bringt Max Pechstein seine tief empfundene Freude zu Papier, die er bei einem seiner Aufenthalte in Nidden erlebt. Pechstein kommt 1919 zum vierten Mal in das auf der Kurischen Nehrung in Ostpreußen gelegene Fischerdorf, wohin er auf der Suche nach wahrhaftiger Natur und Ursprünglichkeit des Alltagslebens erstmalig 1909 reist. Hier in Nidden entstehen in der Folge eindringliche Werke, in denen Natur und Mensch sowie das unmittelbare Erleben die vom Künstler so gesuchte Einheit bilden und die das Werk des 1906 zur Künstlervereinigung "Brücke" gestoßenen Malers in höchstem Maße prägen.
Nach zwei weiteren, 1911 und 1912, in Nidden verbrachten Sommern vergehen sieben Jahre, bis Pechstein 1919 nach Ende des Ersten Weltkriegs erneut nach Nidden zurückkehrt und dort von Juni bis Oktober eine Fülle an Werken hervorbringt. Immer wieder wählt Pechstein hier Lotte, seine Ehefrau, sowie den 1913 geborenen Sohn Frank als Modelle für eine Reihe von farbstarken Strandbildern, zu denen auch das hier angebotene, besonders kraftvolle Gemälde "Schrei am Meer" gehört. Die in kantiger, teils auch expressiv gezackter Manier ausgeführte Farbflächenmalerei mit kräftig ausgearbeiteter Konturierung bestimmt als signalgebendes Element unsere Komposition. Die ungezwungene Nacktheit der geschilderten Körper ist hier bildgewordener Ausdruck einer Befreiung von inneren Zwängen, nach der Pechstein nicht nur in Nidden, sondern auch bei seinen Aufenthalten an den Moritzburger Seen gemeinsam mit Heckel und Kirchner oder auf seiner 1914 unternommenen Reise zur Südseeinsel Palau merklich strebt. Kraftvoll, schön und selbstbewusst, mit markant ausgearbeiteter Mimik und Gestik, präsentiert Pechstein Lotte als zentrale Figur im Zentrum des Gemäldes, ihr zugeordnet ist der kleine Frank, der mit keckem Blick aus dem Bild ganz unmittelbar den Kontakt zum Betrachter herstellt. Lottes "Schrei am Meer" wendet sich an ein imaginäres Gegenüber, dessen Identität uns verborgen bleibt. Interessanterweise schließt sich auf der Rückseite des Gemäldes der Kreis zu den zuvor in Nidden verbrachten Sommern, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach bei dem Fragment des Bildes "Figur in den Dünen" doch ebenfalls um ein Motiv, das sich unmittelbar mit den 1912 in Nidden erschaffenen Werken in Verbindung bringen lässt.
1939 weilt Pechstein zum letzten Mal in Nidden und ist erschüttert von der Entwicklung, die das einst beschauliche Dörflein in ein zunehmend vom Tourismus erschlossenes Gebiet verwandelt, von dessen Ursprünglichkeit kaum mehr etwas übrig ist (zu Pechsteins Nidden-Aufenthalten und den dort entstandenen Werken vgl. Aya Soika, Max Pechstein in Nidden, in: Ausst.Kat. Max Pechstein. Ein Expressionist aus Leidenschaft, hg. von Peter Thurmann u.a., München 2010, S. 101-109). Vor diesem Hintergrund ist der "Schrei am Meer" Zeugnis der wohl glücklichsten Zeit, die Pechstein in Nidden verlebt. [KP].
329
Hermann Max Pechstein
Schrei am Meer, 1919.
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