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Franz Marc
Grünes Pferd, 1912.
Tempera
Schätzung:
€ 600.000 Ergebnis:
€ 2.468.000 (inklusive Aufgeld)
Grünes Pferd. 1912.
Tempera.
Hoberg/Jansen 203. Rechts unten signiert "Fz Marc". Auf chamoisfarbenem Bütten. 22,5 x 35,5 cm (8,8 x 13,9 in), Blattgröße.
Die Vorstudie "Grünes Pferd in Landschaft", in welcher Marc die Komposition der vorliegenden Arbeit "Grünes Pferd" vorbereitet hat, befindet sich seit 1949 im Solomon R. Guggenheim Museum, New York (Inv. no. 49.1215, vgl. Hoberg/Jansen, Bd. III, S. 212, Nr. XXV 1912, m. Abb.). Diese Vorstudie war ursprünglich S. 24 aus Marcs Skizzenbuch Nr. XXV (1912), das aus dem Nachlass Maria Marcs, der Witwe des Künstlers, in Einzelblätter aufgelöst veräußert wurde. In dieser Vorstudie, in Aquarell, Gouache und Bleistift ausgeführt, hat Marc bereits die Farbigkeit der abschließenden Komposition unseres Aquarells "Grünes Pferd" und die Struktur der Landschaft in groben Zügen angelegt. [JS].
• Marcs blaue, grüne und gelbe Pferde sind Ikonen des Expressionismus.
• Museale Qualität aus der besten Zeit des "Blauen Reiters".
• Marc par excellence: paradiesische Harmonie aus Tier- und Pflanzenwelt in expressionistisch-befreiter Farbigkeit.
• Bis 1917 zurückreichende Ausstellungshistorie: 1917 aus der Sammlung Garvens-Garvensburg in der Kestner-Gesellschaft sowie u.a. 2000 in der großen Überblickschau "Franz Marc. Pferde" in der Staatsgalerie Stuttgart ausgestellt.
• Die Vorstudie zu der hier angebotenen Arbeit befindet sich heute im Solomon R. Guggenheim Museum, New York.
Wir danken Frau Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Franz Marc Museum, Kochel am See, für die freundliche Auskunft.
PROVENIENZ: Herbert von Garvens-Garvensburg, Hannover (spätestens 1917 - mindestens 1921).
Dr. Ludwig Grunebaum, New York (spätestens 1936).
Dr. Henry Grunebaum, Cambridge (vom Vorgenannten erhalten, um 1961).
Privatsammlung Lugano (um 1970).
Galerie Thomas, München (auf dem Rahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung (wohl vom Vorgenannten erworben, -2009).
Galerie Thomas, München.
Privatsammlung (2009 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Neue Münchner Kunst. Gemälde, Graphik, Kestner-Gesellschaft e. V., XII. Sonderausstellung, Hannover 1.12.1917-4.1.1918, Nr. 94.
Aquarelle Moderner Künstler. Gemälde von Felixmüller, Kestner-Gesellschaft e. V., Hannover, 28.8.-25.9.1921, Nr. 114.
Franz Marc. Aquarelle - Zeichnungen - Grafik, Galerie Neue Kunst Fides, Dresden, 9.10.-18.11.1927, Nr. 87.
Twentieth-Century Germanic Art from Private Collections in Greater Boston, Busch-Reisinger Museum, Harvard University, Cambridge, Massachusetts, 23.3.-1.5.1961, o. Nr.
Franz Marc. Pferde, Staatsgalerie Stuttgart, 27.5.-10.9.2000, Kat.-Nr. 63 (m. Abb.).
Meisterwerke IV. Werke des deutschen Expressionismus, Galerie Thomas, München 2008, S. 114-123 (m. Abb.).
Franz Marc Museum, Kochel am See (Juni 2009-Dezember 2015, als Dauerleihgabe aus Privatbesitz, auf dem Rahmen mit dem Etikett).
LITERATUR: Paul Erich Küppers, Sammlung Herbert von Garvens-Garvensburg in Hannover, in: Das Kunstblatt 1917, Heft 9, S. 260-270, hier S. 268.
Alois J. Schardt, Franz Marc, Berlin 1936, Werkverzeichnis II 1912/Nr.15.
Klaus Lankheit, Franz Marc. Katalog der Werke, Köln 1970, Kat.-Nr. 440 (m. SW-Abb.).
Katrin Vester, Herbert von Garvens-Garvensburg: Sammler und Galerist im Hannover, Magisterarbeit Universität Hamburg 1989, Anhang A I, S. 6.
Annegret Hoberg / Isabelle Jansen, Franz Marc. Werkverzeichnis. Bd. II, Aquarelle, Gouachen, Zeichnungen, Postkarten, München 2004, Kat.-Nr. 203 (m. Abb.).
Vgl. zur Vorzeichnung Annegret Hoberg / Isabelle Jansen, Franz Marc. Werkverzeichnis. Bd. III, Skizzenbücher und Druckgraphik, München 2011, Skizzenbuch XXV, 1912, S. 212 (Abb. der farbigen Vorzeichnung im Skizzenbuch von 1912).
Niedersächsiches Landesarchiv, Abteilung Hannover, Dep. 100 (Kestner-Gesellschaft), Nr. 16.
"Den 'Blauen Reiter' erfanden wir am Kaffeetisch in der Gartenlaube in Sindelsdorf. Beide liebten wir Blau. Franz Marc die Pferde, ich die Reiter. So kam der Name von selbst.“
Wassily Kandinsky über die Namensgebung des "Blauen Reiters"
„Von Marc findet man neben vielen wundervollen Holzschnitten das schöne, charakteristische ‚Aquarell mit dem grünen Pferde’.“
Paul Erich Küppers zur Sammlung Garvens-Garvensburg in : Das Kunstblatt, 1917
Tempera.
Hoberg/Jansen 203. Rechts unten signiert "Fz Marc". Auf chamoisfarbenem Bütten. 22,5 x 35,5 cm (8,8 x 13,9 in), Blattgröße.
Die Vorstudie "Grünes Pferd in Landschaft", in welcher Marc die Komposition der vorliegenden Arbeit "Grünes Pferd" vorbereitet hat, befindet sich seit 1949 im Solomon R. Guggenheim Museum, New York (Inv. no. 49.1215, vgl. Hoberg/Jansen, Bd. III, S. 212, Nr. XXV 1912, m. Abb.). Diese Vorstudie war ursprünglich S. 24 aus Marcs Skizzenbuch Nr. XXV (1912), das aus dem Nachlass Maria Marcs, der Witwe des Künstlers, in Einzelblätter aufgelöst veräußert wurde. In dieser Vorstudie, in Aquarell, Gouache und Bleistift ausgeführt, hat Marc bereits die Farbigkeit der abschließenden Komposition unseres Aquarells "Grünes Pferd" und die Struktur der Landschaft in groben Zügen angelegt. [JS].
• Marcs blaue, grüne und gelbe Pferde sind Ikonen des Expressionismus.
• Museale Qualität aus der besten Zeit des "Blauen Reiters".
• Marc par excellence: paradiesische Harmonie aus Tier- und Pflanzenwelt in expressionistisch-befreiter Farbigkeit.
• Bis 1917 zurückreichende Ausstellungshistorie: 1917 aus der Sammlung Garvens-Garvensburg in der Kestner-Gesellschaft sowie u.a. 2000 in der großen Überblickschau "Franz Marc. Pferde" in der Staatsgalerie Stuttgart ausgestellt.
• Die Vorstudie zu der hier angebotenen Arbeit befindet sich heute im Solomon R. Guggenheim Museum, New York.
Wir danken Frau Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Franz Marc Museum, Kochel am See, für die freundliche Auskunft.
PROVENIENZ: Herbert von Garvens-Garvensburg, Hannover (spätestens 1917 - mindestens 1921).
Dr. Ludwig Grunebaum, New York (spätestens 1936).
Dr. Henry Grunebaum, Cambridge (vom Vorgenannten erhalten, um 1961).
Privatsammlung Lugano (um 1970).
Galerie Thomas, München (auf dem Rahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung (wohl vom Vorgenannten erworben, -2009).
Galerie Thomas, München.
Privatsammlung (2009 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Neue Münchner Kunst. Gemälde, Graphik, Kestner-Gesellschaft e. V., XII. Sonderausstellung, Hannover 1.12.1917-4.1.1918, Nr. 94.
Aquarelle Moderner Künstler. Gemälde von Felixmüller, Kestner-Gesellschaft e. V., Hannover, 28.8.-25.9.1921, Nr. 114.
Franz Marc. Aquarelle - Zeichnungen - Grafik, Galerie Neue Kunst Fides, Dresden, 9.10.-18.11.1927, Nr. 87.
Twentieth-Century Germanic Art from Private Collections in Greater Boston, Busch-Reisinger Museum, Harvard University, Cambridge, Massachusetts, 23.3.-1.5.1961, o. Nr.
Franz Marc. Pferde, Staatsgalerie Stuttgart, 27.5.-10.9.2000, Kat.-Nr. 63 (m. Abb.).
Meisterwerke IV. Werke des deutschen Expressionismus, Galerie Thomas, München 2008, S. 114-123 (m. Abb.).
Franz Marc Museum, Kochel am See (Juni 2009-Dezember 2015, als Dauerleihgabe aus Privatbesitz, auf dem Rahmen mit dem Etikett).
LITERATUR: Paul Erich Küppers, Sammlung Herbert von Garvens-Garvensburg in Hannover, in: Das Kunstblatt 1917, Heft 9, S. 260-270, hier S. 268.
Alois J. Schardt, Franz Marc, Berlin 1936, Werkverzeichnis II 1912/Nr.15.
Klaus Lankheit, Franz Marc. Katalog der Werke, Köln 1970, Kat.-Nr. 440 (m. SW-Abb.).
Katrin Vester, Herbert von Garvens-Garvensburg: Sammler und Galerist im Hannover, Magisterarbeit Universität Hamburg 1989, Anhang A I, S. 6.
Annegret Hoberg / Isabelle Jansen, Franz Marc. Werkverzeichnis. Bd. II, Aquarelle, Gouachen, Zeichnungen, Postkarten, München 2004, Kat.-Nr. 203 (m. Abb.).
Vgl. zur Vorzeichnung Annegret Hoberg / Isabelle Jansen, Franz Marc. Werkverzeichnis. Bd. III, Skizzenbücher und Druckgraphik, München 2011, Skizzenbuch XXV, 1912, S. 212 (Abb. der farbigen Vorzeichnung im Skizzenbuch von 1912).
Niedersächsiches Landesarchiv, Abteilung Hannover, Dep. 100 (Kestner-Gesellschaft), Nr. 16.
"Den 'Blauen Reiter' erfanden wir am Kaffeetisch in der Gartenlaube in Sindelsdorf. Beide liebten wir Blau. Franz Marc die Pferde, ich die Reiter. So kam der Name von selbst.“
Wassily Kandinsky über die Namensgebung des "Blauen Reiters"
„Von Marc findet man neben vielen wundervollen Holzschnitten das schöne, charakteristische ‚Aquarell mit dem grünen Pferde’.“
Paul Erich Küppers zur Sammlung Garvens-Garvensburg in : Das Kunstblatt, 1917
Marcs bunte Pferde – Ikonen des Expressionismus
Franz Marc ist ein Mythos: seine tragische Biografie, seine außerordentliche künstlerische Begabung, sein visionärer Geist und sein viel zu früher Tod im Ersten Weltkrieg. Marc stirbt 1916 mit gerade 36 Jahren bei Verdun, aber seine herausragende Bedeutung für die Kunst des "Blauen Reiters" und des deutschen Expressionismus ist zu diesem Zeitpunkt bereits festgeschrieben. Das Motiv der blauen, anschließend auch grünen oder gelben Pferde gilt als das Charakteristischste und wohl auch Progressivste im künstlerischen Schaffen Franz Marcs. Es ist in besonderer Weise exemplarisch für Marcs mutige Überwindung der Gegenstandsfarbe hin zu einer expressionistischen Ausdrucksfarbe, die dem Gegenstand vollkommen frei zugeordnet werden kann und allein vom künstlerischen Ausdruckswillen abhängig ist. Dieser progressive Schritt sollte Marc einen festen Platz in der Kunstgeschichte der Moderne einbringen. Als die wohl bekanntesten Umsetzungen dieses Themas gelten zum einen sein bis heute verschollenes, legendenumwobenes Gemälde "Der Turm der Blauen Pferde" aus dem Jahr 1913 sowie "Blaues Pferd I" aus dem Jahr 1911, das sich heute in der Sammlung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München, befindet. Auch das Gemälde "Die großen blauen Pferde" (1911), das Marc von Dezember 1911 bis Januar 1912 in der Münchner Galerie Thannhauser in der ersten Ausstellung des "Blauen Reiters" zeigt und das sich heute in der Sammlung des Walker Art Center, Minneapolis/USA, befindet, gehört – wie auch die "Kleinen blauen Pferde" (1911) und die "Kleinen gelben Pferde" (1912) in der Staatsgalerie Stuttgart – zu diesen Glanzstücken des Expressionismus.
Marcs "Grünes Pferd" und die Kunsttheorie des "Blauen Reiters"
Für die "Großen blauen Pferde" (1911) in Minneapolis und die "Kleinen blaue Pferde" (1911) in Stuttgart ist das Bewegungsmotiv des sich am Bein kratzenden Pferdes, welches dem Tier eine exzentrische und zugleich in sich geschlossene Form verleiht, in besonderer Weise charakteristisch. Das berühmte Motiv, das zugleich Ruhe und Bewegung in sich trägt, hat Marc 1912 in der vorliegenden Arbeit "Grünes Pferd" und schließlich 1913 in "Kleine gelbe Pferde" (Staatsgalerie Stuttgart) erneut aufgegriffen. In der vorliegenden Komposition schildert Marc dieses Motiv jedoch im Gegensatz zu den anderen Arbeiten vom Rest der Pferdegruppe isoliert und lässt der fast abstrakt formulierten Landschaftsumgebung deutlich mehr Raum zukommen. Es sind nicht mehr allein leuchtende Berggipfel im Hintergrund, sondern ein prismenartig aufgebrochener, kristalliner Landschaftseindruck, der sich vor uns ausbreitet und durch das grüne Geäst im Vordergrund mit dem grünen Pferd in eine kosmische Symbiose tritt. Stilistisch zeigt sich hier eine gewisse Nähe zu den zeitgleichen Arbeiten Heinrich Campendonks und Robert Delaunays, deren Werke ebenfalls auf der ersten Ausstellung des "Blauen Reiters" vertreten sind. Marc schildert keinen realitätsgebundenen Landschaftseindruck, sondern er nutzt Landschaft, Tier und Farbe um einem komplexen geistigen Empfinden in Form einer synchron erfahrbaren künstlerischen Komposition Ausdruck zu verleihen. Hier zeigt sich die Nähe der Malerei des "Blauen Reiters" zur Musik, die Kandinsky in seiner im Dezember 1911 erschienenen und im Entstehungsjahr des "Grünen Pferdes" zweifach neu aufgelegten Schrift "Über das Geistige in der Kunst" mit den folgenden Worten beschreibt: "Ein Künstler, welcher in der wenn auch künstlerischen Nachahmung der Naturerscheinungen kein Ziel für sich sieht und ein Schöpfer ist, welcher seine innere Welt zum Ausdruck bringen will und muß, sieht mit Neid, wie solche Ziele in der heute unmateriellsten Kunst – der Musik – natürlich und leicht zu erreichen sind. [..] Daher kommt das heutige Suchen in der Malerei nach Rhythmus, nach mathematischer, abstrakter Konstruktion, das heutige Schätzen der Wiederholung des farbigen Tones, der Art, in welcher die Farbe in Bewegung gebracht wird usw." (W. Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst, Aufl. Bern 1952, S. 54f.). Schön sieht man in "Grünes Pferd" diesen farbigen Rhythmus, die Wiederholung des Grün, das als Farbmotiv die Komposition trägt, mit der Marc seiner "inneren Welt", seinem geistig-emotionalen Empfinden Ausdruck verleiht. Abgesehen von dem Geäst im Vordergrund hat Marc die "Landschaft" in einen nahezu abstrakten Farbklang aufgelöst, der durch den Rhythmus des Grün, den Gegensatz von Schwarz und Weiß und die rhythmischen Akzente aus Blau und Rot seinen individuellen Charakter erhält. Was aber ist der Charakter des Grün, dem Franz Marc in "Grünes Pferd" die Rolle eines farbigen Protagonisten einräumt? Grün ist die Symbiose aus Blau und Gelb, es bringt das exzentrische Gelb und das konzentrisch wirkende Blau ins Gleichgewicht: "Das Blau, als eine ganz entgegengesetzte Bewegung, bremst das Gelb, wobei schließlich bei weiterem Hinzufügen von Blau beide entgegengesetzten Bewegungen sich gegenseitig vernichten und volle Unbeweglichkeit und Ruhe entsteht. Es entsteht Grün. [..] im Grün [sind] Gelb und Blau als paralysierte Kräfte verborgen, die wieder aktiv werden können. Eine lebendige Möglichkeit liegt im Grün [..]." (W. Kandinsky, ebd., S. 90).
Marcs mystisch-entrückte Tierdarstellungen – Vom bedrohten Ideal absoluter Reinheit und Harmonie
Nach impressionistischen Anfängen vollzieht Marc 1911 im Gründungsjahr des "Blauen Reiters" seine klare Hinwendung zum Expressionismus und einer vom Gegenstand befreiten, expressionistischen Ausdrucksfarbe. In den Folgejahren des "Blauen Reiters", der sich bereits 1914 mit Beginn des Ersten Weltkriegs wieder auflösen sollte, ist Marc auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Von 1911 bis 1914 entstehen seine bekanntesten Werke, wie etwa "Der Tiger" (1912, Lenbachhaus München), "Die Füchse" (1913, ehemals Museum Kunstpalast, Düsseldorf),"Der Turm der Blauen Pferde" (1913, verschollen), Tierschicksale (1913, Kunstmuseum Basel) und "Kämpfende Formen" (1914, Pinakothek der Moderne, München). 1913 ist Marc in großem Umfang an der bedeutenden Expressionistenausstellung in Herwarth Waldens Erstem Deutschen Herbstsalon in Berlin beteiligt, zu dem er insgesamt sieben Gemälde, darunter auch das berühmte Werk "Tierschicksale" (1913) einreicht, das unter anderem zwei flüchtende grüne Pferde und ein sich aufbäumendes blaues Reh in einer prismenartig aufgelösten Waldszenerie zeigt. Kurz nach Kriegsausbruch meldet sich Marc im August 1914 als Kriegsfreiwilliger. Wie viele andere Künstler und Intellektuelle versprach er sich vom Krieg anfänglich eine reinigende und heilende Wirkung für "ein krankes Europa". Als Marc im Krieg jedoch eine Postkarte mit der Abbildung seiner "Tierschicksale" geschickt bekommt, schreibt er am 17. März 1915 an seine Frau Maria: "Bei diesem Anblick war ich ganz betroffen und erregt. Es war eine Vorahnung dieses Krieges, schauerlich und ergreifend; ich kann mir kaum vorstellen, daß ich das gemalt habe!" (Susanna Partsch: Marc, S. 76; in: Klaus Lankheit und Uwe Steffen (Hrsg.): Franz Marc: Briefe aus dem Feld. München 1986, S. 50).
Für Marc symbolisiert die Tierwelt, die in hamonischer Symbiose mit der Pflanzenwelt lebt, eine ideale Form von Reinheit, Freiheit und Ursprünglichkeit. Seine expressionistischen Tierdarstellungen der Vorkriegszeit werden deshalb auch immer als mystisch-verklärte Suche nach einem Ideal friedvoller Eintracht und absoluter Harmonie gelesen, die Marc bereits in "Tierschicksale" (1913) geradezu visionär als in entscheidender Weise bedroht wahrgenommen hat. Die perfekte Harmonie, die Marc in seinen entrückten Tierdarstellungen feiert, fasziniert immer wieder durch die Fragilität dieser einzigartigen Kompositionen, bei denen, sei es auch nur indirekt, immer auch eine gewisse Bedrohung mitschwingt. Auch die Komposition "Grünes Pferd" lebt von der Spannung aus vordergründig harmonischer Ruhe und jener nach Kandinsky bereits der Farbe Grün innewohnenden Aktivität aus den beiden im Grün paralysierten Kräften Gelb und Blau. Sich eben noch ruhig kratzend, scheint das "Grüne Pferd" jeden Moment zur Flucht bereit, kann unmittelbar aus dem Stand in die Bewegung übergehen, und so hat Marc Farbe und Form in "Grünes Pferd" in eine besonders ausdrucksstarke Einheit gebracht. In seinen heute meist in internationalen Museumssammlungen befindlichen Tierdarstellungen hat uns Franz Marc hoch expressive Stimmungsbilder hinterlassen. Sie sind aufgrund ihres emotionalen Charakters von bleibender Aktualität und halten auch für die heutigen Betrachter:innen noch immer ein hoch komplexes Gefüge von Assoziationsmöglichkeiten bereit.
1916 wird Franz Marc für die Liste der bedeutendsten Künstler Deutschlands ausgewählt und vom Kriegsdienst befreit. Am 4. März 1916 stirbt er jedoch an seinem letzten Einsatztag auf einem Melderitt unweit von Verdun durch einen Granatsplitter. Noch im selben Jahr finden zwei Gedächtnisausstellungen in München und Berlin statt. Seine Frau Maria Marc gibt 1920 seine Kriegsbriefe und das Skizzenbuch aus dem Feld im Verlag Paul Cassirer heraus. [JS]
Franz Marc ist ein Mythos: seine tragische Biografie, seine außerordentliche künstlerische Begabung, sein visionärer Geist und sein viel zu früher Tod im Ersten Weltkrieg. Marc stirbt 1916 mit gerade 36 Jahren bei Verdun, aber seine herausragende Bedeutung für die Kunst des "Blauen Reiters" und des deutschen Expressionismus ist zu diesem Zeitpunkt bereits festgeschrieben. Das Motiv der blauen, anschließend auch grünen oder gelben Pferde gilt als das Charakteristischste und wohl auch Progressivste im künstlerischen Schaffen Franz Marcs. Es ist in besonderer Weise exemplarisch für Marcs mutige Überwindung der Gegenstandsfarbe hin zu einer expressionistischen Ausdrucksfarbe, die dem Gegenstand vollkommen frei zugeordnet werden kann und allein vom künstlerischen Ausdruckswillen abhängig ist. Dieser progressive Schritt sollte Marc einen festen Platz in der Kunstgeschichte der Moderne einbringen. Als die wohl bekanntesten Umsetzungen dieses Themas gelten zum einen sein bis heute verschollenes, legendenumwobenes Gemälde "Der Turm der Blauen Pferde" aus dem Jahr 1913 sowie "Blaues Pferd I" aus dem Jahr 1911, das sich heute in der Sammlung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München, befindet. Auch das Gemälde "Die großen blauen Pferde" (1911), das Marc von Dezember 1911 bis Januar 1912 in der Münchner Galerie Thannhauser in der ersten Ausstellung des "Blauen Reiters" zeigt und das sich heute in der Sammlung des Walker Art Center, Minneapolis/USA, befindet, gehört – wie auch die "Kleinen blauen Pferde" (1911) und die "Kleinen gelben Pferde" (1912) in der Staatsgalerie Stuttgart – zu diesen Glanzstücken des Expressionismus.
Marcs "Grünes Pferd" und die Kunsttheorie des "Blauen Reiters"
Für die "Großen blauen Pferde" (1911) in Minneapolis und die "Kleinen blaue Pferde" (1911) in Stuttgart ist das Bewegungsmotiv des sich am Bein kratzenden Pferdes, welches dem Tier eine exzentrische und zugleich in sich geschlossene Form verleiht, in besonderer Weise charakteristisch. Das berühmte Motiv, das zugleich Ruhe und Bewegung in sich trägt, hat Marc 1912 in der vorliegenden Arbeit "Grünes Pferd" und schließlich 1913 in "Kleine gelbe Pferde" (Staatsgalerie Stuttgart) erneut aufgegriffen. In der vorliegenden Komposition schildert Marc dieses Motiv jedoch im Gegensatz zu den anderen Arbeiten vom Rest der Pferdegruppe isoliert und lässt der fast abstrakt formulierten Landschaftsumgebung deutlich mehr Raum zukommen. Es sind nicht mehr allein leuchtende Berggipfel im Hintergrund, sondern ein prismenartig aufgebrochener, kristalliner Landschaftseindruck, der sich vor uns ausbreitet und durch das grüne Geäst im Vordergrund mit dem grünen Pferd in eine kosmische Symbiose tritt. Stilistisch zeigt sich hier eine gewisse Nähe zu den zeitgleichen Arbeiten Heinrich Campendonks und Robert Delaunays, deren Werke ebenfalls auf der ersten Ausstellung des "Blauen Reiters" vertreten sind. Marc schildert keinen realitätsgebundenen Landschaftseindruck, sondern er nutzt Landschaft, Tier und Farbe um einem komplexen geistigen Empfinden in Form einer synchron erfahrbaren künstlerischen Komposition Ausdruck zu verleihen. Hier zeigt sich die Nähe der Malerei des "Blauen Reiters" zur Musik, die Kandinsky in seiner im Dezember 1911 erschienenen und im Entstehungsjahr des "Grünen Pferdes" zweifach neu aufgelegten Schrift "Über das Geistige in der Kunst" mit den folgenden Worten beschreibt: "Ein Künstler, welcher in der wenn auch künstlerischen Nachahmung der Naturerscheinungen kein Ziel für sich sieht und ein Schöpfer ist, welcher seine innere Welt zum Ausdruck bringen will und muß, sieht mit Neid, wie solche Ziele in der heute unmateriellsten Kunst – der Musik – natürlich und leicht zu erreichen sind. [..] Daher kommt das heutige Suchen in der Malerei nach Rhythmus, nach mathematischer, abstrakter Konstruktion, das heutige Schätzen der Wiederholung des farbigen Tones, der Art, in welcher die Farbe in Bewegung gebracht wird usw." (W. Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst, Aufl. Bern 1952, S. 54f.). Schön sieht man in "Grünes Pferd" diesen farbigen Rhythmus, die Wiederholung des Grün, das als Farbmotiv die Komposition trägt, mit der Marc seiner "inneren Welt", seinem geistig-emotionalen Empfinden Ausdruck verleiht. Abgesehen von dem Geäst im Vordergrund hat Marc die "Landschaft" in einen nahezu abstrakten Farbklang aufgelöst, der durch den Rhythmus des Grün, den Gegensatz von Schwarz und Weiß und die rhythmischen Akzente aus Blau und Rot seinen individuellen Charakter erhält. Was aber ist der Charakter des Grün, dem Franz Marc in "Grünes Pferd" die Rolle eines farbigen Protagonisten einräumt? Grün ist die Symbiose aus Blau und Gelb, es bringt das exzentrische Gelb und das konzentrisch wirkende Blau ins Gleichgewicht: "Das Blau, als eine ganz entgegengesetzte Bewegung, bremst das Gelb, wobei schließlich bei weiterem Hinzufügen von Blau beide entgegengesetzten Bewegungen sich gegenseitig vernichten und volle Unbeweglichkeit und Ruhe entsteht. Es entsteht Grün. [..] im Grün [sind] Gelb und Blau als paralysierte Kräfte verborgen, die wieder aktiv werden können. Eine lebendige Möglichkeit liegt im Grün [..]." (W. Kandinsky, ebd., S. 90).
Marcs mystisch-entrückte Tierdarstellungen – Vom bedrohten Ideal absoluter Reinheit und Harmonie
Nach impressionistischen Anfängen vollzieht Marc 1911 im Gründungsjahr des "Blauen Reiters" seine klare Hinwendung zum Expressionismus und einer vom Gegenstand befreiten, expressionistischen Ausdrucksfarbe. In den Folgejahren des "Blauen Reiters", der sich bereits 1914 mit Beginn des Ersten Weltkriegs wieder auflösen sollte, ist Marc auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Von 1911 bis 1914 entstehen seine bekanntesten Werke, wie etwa "Der Tiger" (1912, Lenbachhaus München), "Die Füchse" (1913, ehemals Museum Kunstpalast, Düsseldorf),"Der Turm der Blauen Pferde" (1913, verschollen), Tierschicksale (1913, Kunstmuseum Basel) und "Kämpfende Formen" (1914, Pinakothek der Moderne, München). 1913 ist Marc in großem Umfang an der bedeutenden Expressionistenausstellung in Herwarth Waldens Erstem Deutschen Herbstsalon in Berlin beteiligt, zu dem er insgesamt sieben Gemälde, darunter auch das berühmte Werk "Tierschicksale" (1913) einreicht, das unter anderem zwei flüchtende grüne Pferde und ein sich aufbäumendes blaues Reh in einer prismenartig aufgelösten Waldszenerie zeigt. Kurz nach Kriegsausbruch meldet sich Marc im August 1914 als Kriegsfreiwilliger. Wie viele andere Künstler und Intellektuelle versprach er sich vom Krieg anfänglich eine reinigende und heilende Wirkung für "ein krankes Europa". Als Marc im Krieg jedoch eine Postkarte mit der Abbildung seiner "Tierschicksale" geschickt bekommt, schreibt er am 17. März 1915 an seine Frau Maria: "Bei diesem Anblick war ich ganz betroffen und erregt. Es war eine Vorahnung dieses Krieges, schauerlich und ergreifend; ich kann mir kaum vorstellen, daß ich das gemalt habe!" (Susanna Partsch: Marc, S. 76; in: Klaus Lankheit und Uwe Steffen (Hrsg.): Franz Marc: Briefe aus dem Feld. München 1986, S. 50).
Für Marc symbolisiert die Tierwelt, die in hamonischer Symbiose mit der Pflanzenwelt lebt, eine ideale Form von Reinheit, Freiheit und Ursprünglichkeit. Seine expressionistischen Tierdarstellungen der Vorkriegszeit werden deshalb auch immer als mystisch-verklärte Suche nach einem Ideal friedvoller Eintracht und absoluter Harmonie gelesen, die Marc bereits in "Tierschicksale" (1913) geradezu visionär als in entscheidender Weise bedroht wahrgenommen hat. Die perfekte Harmonie, die Marc in seinen entrückten Tierdarstellungen feiert, fasziniert immer wieder durch die Fragilität dieser einzigartigen Kompositionen, bei denen, sei es auch nur indirekt, immer auch eine gewisse Bedrohung mitschwingt. Auch die Komposition "Grünes Pferd" lebt von der Spannung aus vordergründig harmonischer Ruhe und jener nach Kandinsky bereits der Farbe Grün innewohnenden Aktivität aus den beiden im Grün paralysierten Kräften Gelb und Blau. Sich eben noch ruhig kratzend, scheint das "Grüne Pferd" jeden Moment zur Flucht bereit, kann unmittelbar aus dem Stand in die Bewegung übergehen, und so hat Marc Farbe und Form in "Grünes Pferd" in eine besonders ausdrucksstarke Einheit gebracht. In seinen heute meist in internationalen Museumssammlungen befindlichen Tierdarstellungen hat uns Franz Marc hoch expressive Stimmungsbilder hinterlassen. Sie sind aufgrund ihres emotionalen Charakters von bleibender Aktualität und halten auch für die heutigen Betrachter:innen noch immer ein hoch komplexes Gefüge von Assoziationsmöglichkeiten bereit.
1916 wird Franz Marc für die Liste der bedeutendsten Künstler Deutschlands ausgewählt und vom Kriegsdienst befreit. Am 4. März 1916 stirbt er jedoch an seinem letzten Einsatztag auf einem Melderitt unweit von Verdun durch einen Granatsplitter. Noch im selben Jahr finden zwei Gedächtnisausstellungen in München und Berlin statt. Seine Frau Maria Marc gibt 1920 seine Kriegsbriefe und das Skizzenbuch aus dem Feld im Verlag Paul Cassirer heraus. [JS]
8
Franz Marc
Grünes Pferd, 1912.
Tempera
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