Auktion: 550 / Evening Sale am 07.06.2024 in München Lot 47


47
Neo Rauch
MAL, 1994.
Öl auf Papier, collagiert
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 165.100

(inklusive Aufgeld)
MAL. 1994.
Öl auf Papier, collagiert.
Rechts unten signiert und datiert. 196 x 124 cm (77,1 x 48,8 in), blattgroß.


• Wegweisende frühe Arbeit des gefeierten Protagonisten der Neuen Leipziger Schule: Verbindung von malerischen und figürlichen Elementen, Symbolik und Rätselhaftigkeit.
• Eine der ersten Malerei-Allegorien Neo Rauchs: komplexe, visuelle Reflexion über das Künstlerdasein.
• Selten. Bisher wurde erst eine weitere Papierarbeit in diesem monumentalen Format auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com).
• 1997 ausgestellt auf der bedeutenden Rauch-Ausstellung im Museum der Bildenen Künste, Leipzig.
• Erworben über Rauchs ersten Galeristen Gerd Harry Lybke, Galerie Eigen + Art, Leipzig/Berlin und seit 25 Jahren Teil einer Berliner Privatsammlung
.

PROVENIENZ: Galerie Eigen + Art, Leipzig.
Privatsammlunng Berlin (1999 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Neo Rauch, Museum der Bildenden Künste, Leipzig, 6.11.-14.12.1997, Kat.-Nr. 11 (m. Abb. S. 27).

LITERATUR: Hans Werner Holzwarth (Hrsg.), Neo Rauch, Köln 2012, S. 37 (m. Abb.) und S. 458.


"Neo Rauch ist der Superstar der gegenwärtigen Malerei. Ohne ihn gäbe es keine 'Neue Leipziger Schule' [..] und man muss lange suchen, bis man weltweit einen anderen Maler der Generation nach Baselitz, Hockney, Kiefer, Richter und Polke findet, der auch nur annähernd an den 1960 geborenen Leipziger Rauch heranreicht."
Thomas Wagner, Malerstar Neo Rauch. Im dunkeln Bezirk des ratlosen Ich, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.11.2006.

Die 1990er Jahre sind für Neo Rauch die Jahre des künstlerischen Durchbruchs, in dieser entscheidenden Dekade wird der bedeutende Grundstein gelegt für ein gewaltiges malerisches Werk im Spannunsgfeld zwischen Figuration und Abstraktion, zwischen sozialistischem Realismus und Pop-Art, zwischen klar lesbaren ikonografischen Verweisen und scheinbar unentwirrbarer Rätselhaftigkeit. Bereits 2006 zur Eröffnung der ersten großen Retrospektive im Kunstmuseum Wolfsburg "Neo Rauch. Neue Rollen. Bilder 1993–2006" wird Rauch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als der "Superstar der gegenwärtigen Malerei" gefeiert. "Ohne ihn gäbe es keine 'Neue Leipziger Schule‘, gleichviel, ob das überhaupt eine Schule ist, und man muss lange suchen, bis man weltweit einen anderen Maler der Generation nach Baselitz, Hockney, Kiefer, Richter und Polke findet, der auch nur annähernd an den 1960 geborenen Leipziger Rauch heranreicht. Allenfalls Luc Tuymans durchforscht das Niemandsland zwischen Figuration und Abstraktion mit einer vergleichbaren Intensität [..]." (Zit. nach: Thomas Wagner, Malerstar Neo Rauch. Im dunkeln Bezirk des ratlosen Ich, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.11.2006) 2007 folgen Einzelausstellungen im Stedelijk Museum, Amsterdam, sowie im Metropolitan Museum of Modern Art, New York. Die vorliegende Arbeit "Mal" ist eine besonders frühe und entscheidend wegweisende Komposition, hier zeigt sich bereits alles, was Rauchs malerisches Werk fortan auszeichnet: Die virtuose Verbindung von figürlichen und malerischen Elementen, von Symbolik und Rätselhaftigkeit und darüber hinaus auch der in Rauchs malerischem Schaffen bis heute zentrale und fortan regelmäßig aufscheinende Aspekt einer künstlerischen Selbstreflektion. Anfang der 1990er Jahre jedoch sind Rauchs Bildfindungen meist noch menschenleer oder nur dünn mit dem fortan immer dominanter werdenden Figurenrepertoire besiedelt. Auch in dieser Hinsicht ist die vorliegende, großformatige Malerei auf Papier wegweisend für all das, was nach der Jahrtausendwende noch folgen sollte. Während Neo Rauch als der scheue, melancholische Künstler gilt, der nur äußerst ungern über sich und seine Kunst Auskunft gibt, sind es wie in der vorliegenden Arbeit mit dem vielsagenden Titel "Mal" gerade seine komplexen und am Ende noch immer rätselhaft verschlossenen Bildfindungen, die Rauchs Reflexionen zur Bedeutung des Künstlers und der Malerei nach außen tragen. In Rauchs Fokus stehen dabei auch immer Machtspiele, Autoritäts- und Autonomievorstellungen. "[..] er selbst hat einmal das Bild vom Künstler als Kind entwickelt, das in seinem Spielzimmer sitzt und um sich herum das Spielzeug zu immer neuen Konstellationen versammelt." (Peter Guth, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1997).
Jene Bildlichkeit des spielenden Kindes verbindet sich in der vorliegenden Arbeit mit der kunsthistorisch tradierten Bildlichkeit des schicksalhaften Momentes, der sich durch seine Fragilität und Flüchtigkeit auszeichnet. Und so steht Rauchs spielender Knabe nicht fest auf dem Boden, sondern – berühmten Fortuna-Personifikationen gleich – auf einem rollenden Spielzeugwagen. Dies alles verwebt Rauch nur wenige Jahre nach dem Ende des DDR-Regimes zusammen mit der Bildlichkeit des Springbrunnens und des Haareschneidens zu einer komplexen zeitgenössischen Malerei-Allegorie, und reiht sich damit ein in eine lange Bildtradition, deren Anfänge bis in die italienische Kunst und Kunsttheorie der frühen Neuzeit zurückreichen. Die intensive visuelle Auseinandersetzung mit der eigenen Künstlerpersönlichkeit sowie der Genese, Funktion und Bedeutung von Malerei ist für Rauchs einzigartiges Œuvre bis heute in entscheidender Weise prägend. [JS]



47
Neo Rauch
MAL, 1994.
Öl auf Papier, collagiert
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 165.100

(inklusive Aufgeld)